Pressemitteilung der Stiftung Friedliche Revolution

vom 22. Oktober 2022

Film über Jenaer Jugendpfarrer Lothar König mit Filmpreis „Leipziger Ring“ geehrt

Stiftung Friedliche Revolution würdigt bei DOK Leipzig Tilman Königs Film „König hört auf“

Leipzig. Die Stiftung Friedliche Revolution hat am Samstag, 22. Oktober, in Leipzig den Filmemacher Tilman König für den Dokumentarfilm „König hört auf“ mit dem Filmpreis „Leipziger Ring“ geehrt. Der 85-minütige Film begleitet den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König auf den letzten Etappen seines Berufslebens bis in den neuen Lebensabschnitt nach dessen Ruhestand. Der Preis ist mit 2.500 Euro dotiert und wird alljährlich beim Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm vergeben.

In ihrer Begründung verweist die Jury darauf, dass der Film einen zweifelnden und zerrissenen Menschen zeigt, der schon vor der Friedlichen Revolution ein „unangepasster Geist“ gewesen und der bis heute ein „produktiver Querulant“ geblieben sei. „In seinem unerbittlichen Kampf gegen rechts drängt er, gewaltlos zu bleiben und die Würde des Menschen zu wahren“, hebt die Jury hervor. 

Der Filmpreis „Leipziger Ring“ wurde in diesem Jahr zum elften Mal vergeben. Die Stiftung würdigt mit ihm einen künstlerischen Dokumentarfilm, der bürgerschaftliches Engagement für Demokratie und Menschenrechte beispielhaft aufzeigt oder der unter großem persönlichem Einsatz und Mut des Filmemachers oder der Filmemacherin gegen Widerstände und Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit entstanden ist.

Der Jenaer Jugendpfarrer Lothar König ist für viele ein Original, das in kein System passt. Zu DDRZeiten wurde er von der Staatssicherheit beschattet und verfolgt. Seit der Wiedervereinigung gilt er als einer der unermüdlichsten Mahner vor dem erstarkenden Rechtsradikalismus im Land. Er geht bis heute gegen rechts auf die Straße, oft in der ersten Reihe. Dennoch sei das Filmporträt seines Sohnes Tilman König keine Hommage, sondern die kritische Würdigung eines streitbaren Charakters, der sich mit dem Ruhestand habe neu erfinden müssen, heißt es im Ankündigungstext von DOK Leipzig.

Der Filmpreis „Leipziger Ring“, für den in diesem Jahr sechs Filme nominiert waren, will an die vielen Menschen erinnern, die 1989 in Leipzig und in zahlreichen anderen Orten der DDR friedlich für demokratische Reformen demonstriert und dabei ihr Leben, ihre Gesundheit und ihre Freiheit aufs Spiel gesetzt haben. Sie haben damit gezeigt, dass gesellschaftliche Systeme mit Zivilcourage gewaltfrei veränderbar sind. (Siehe die Liste der Nominierungen im Anhang.)

 

Nominierungen für den „Leipziger Ring“ 2022

Foragers - Al-yad al-khadra von Jumana Manna | Palästinensische Gebiete 2022 | 63 min.
Der Streit ums Kraut, in diesem Fall um ’Akkoub (Gundelia) und Za’atar (wilder Thymian), gehört zu den skurrilen Aspekten des Nahostkon. Als begehrte Zutaten der palästinensischen Küche werden die Pflanzen seit Generationen gesammelt, doch aus Naturschutzgründen ist dies in der Westbank verboten. So liefern sich israelische Parkranger mit den Sammelnden Verfolgungsjagden um eine Handvoll Grünzeug. In humoristischer Form inszeniert Jumana Manna die Wildbeuterei als zivilen Ungehorsam.

Pastor Lothar Stops - König hört auf von Tilman König | Deutschland 2022 | 85 min.
Lothar König ist ein Original. Der langjährige Jugendpfarrer aus Jena passt in kein System. In der DDR wurde er von der Stasi beschattet, nach der Wiedervereinigung war er einer der unermüdlichsten Mahner vor dem erstarkenden Rechtsradikalismus. Bis heute geht er gegen rechts auf die Barrikaden, oft in der ersten Reihe. Das Filmporträt seines Sohnes Tilman ist dennoch keine Hommage, sondern die kritische Würdigung eines streitbaren Charakters, der sich mit der Pensionierung neu erfinden muss.

Revolution 21 - Rewolucja 21 von Martyna Peszko | Polen 2022 | 53 min.
Inspiriert von einer politischen Protestbewegung erarbeitet das Teatr 21 – ein Theaterensemble aus Spielbegeisterten mit Downsyndrom – ein Stück, in dem die Beteiligten ihre Wünsche und Forderungen artikulieren und sich zugleich mit großer Lust der kreativen Entfaltung hingeben können. Aufmerksam begleitet Martyna Peszko den Entstehungsprozess in produktiv wuseliger Probenatmosphäre, musikalisch akzentuiert durch die Improvisationen eines Free-Jazz-Trios.

The Dependents - En la luna es el día von Sofia Brockenshire | Argentinien, Kanada 2022 | 90 min.
Dreißig Jahre lang bereiste Sofia Brockenshires Vater die Welt als Beamter der kanadischen Einwanderungsbehörde, die Familie stets an seiner Seite. Tagebücher und andere Zeitdokumente berichten von den zahlreichen Umzügen, von Destinationen in Südkorea, Indien, in den Ländern Süd- und Mittelamerikas. Entstanden ist ein kleinteiliges Mosaik aus Erinnerungen und audiovisuellen Schnipseln, das nicht nur die Perspektive des Staatsdieners einzunehmen sucht, sondern auch die seiner Frau und der Kinder.

The Hamlet Syndrome von Elwira Niewiera und Piotr Rosołowski | Deutschland, Polen 2022 | 85 min.
Fünf junge Menschen aus der Ukraine sprechen über ihr Leben nach der Maidan-Revolution 2014. Nicht alle kämpften im Russisch-Ukrainischen Krieg, aber allen zerschmetterte er Lebenspläne. Als „Generation Maidan“ stehen sie vor der Frage, wie sie Gewalterfahrungen verarbeiten, wie sie weitermachen können. Die Theaterregisseurin Roza Sarkisian inszeniert mit ihnen eine Hamlet-Adaption, in der sie sich in Shakespeares Tragödienfigur spiegeln und Traumata auf der Bühne neu begegnen.

The Homes We Carry von Brenda Akele Jorde | Deutschland 2022 | 85 min.
Hammer und Zirkel in Mosambik. Während einer Demonstration in Maputo weht die Flagge der DDR, getragen von „Madgermanes“, Vertragsarbeitern, die einst im Osten Deutschlands schufteten. Einige gründeten dort Familien, wie Eulidio. Seine Tochter Sarah wächst bei Mutter Ingrid in Berlin auf. Die Beziehung zu ihrer „zweiten Heimat“ gedeiht erst nach und nach. Auch dank Luana, Sarahs Baby, dessen Vater Eduardo ebenfalls aus Mosambik stammt.

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Die vollständige Presseerklärung als Download finden Sie hier.